Pressemitteilung zum Volkstheater Rostock:


23. Februar 2015
Die Streichung von zwei Sparten des Theaters kann kein attraktives Angebot darstellen – Hartz IV ist weniger als Mindestlohn!

Die aktuellen Entwicklungen in der Diskussion um die Zukunft des Volkstheaters Rostock erfüllen die Künstler-Gewerkschaften GDBA und VdO mit größter Sorge.

Die Machenschaften des Kultus-Ministers Brodkorb mit Geheimrunden im stillen Kämmerlein und abenteuerlichen Ausführungen über „tragbare Strukturen“ und „Lohndumping“ lassen ernsthaft an der Einstellung des Ministers zu demokratischen Strukturen zweifeln. Nicht nur, dass sich der Minister jeglichen Alternativen zu den fatalen Fusionsplänen im Osten des Landes verweigert. Er misst auch für Rostock und Schwerin offensichtlich mit zweierlei Maß. Hier handelt es sich nicht um sachgerechte Kulturpolitik, sondern nur noch um den Versuch, zwecks persönlicher Profilierung endlich auf Biegen und Brechen eine untaugliche Reform durchzusetzen, die bereits seit mehr als 20 Jahren zum Scheitern verurteilt ist. Weil es offensichtlich nicht gelingt, mit Sachargumenten zu überzeugen, werden Tatsachen verdreht, Argumentationen nach Belieben zurechtgelegt und Drohungen ausgesprochen - Zuschüsse aus dem FAG sollen gekürzt werden und die Beteiligung an einem Theaterneubau wird in Frage gestellt. Divide et impera...

Wie kann sozialdemokratische Politik zunächst den Ausstieg einer Institution wie des VTR aus der Tarifbindung befürworten und sodann die Rückkehr zum Flächentarifvertrag fordern mit dem Argument, die Beschäftigten dürften nicht unter Lohndumping leiden? Stattdessen sollen die betroffenen Künstler in die Arbeitslosigkeit geschickt werden. Das macht sprachlos und ist gegenüber den Betroffenen zynisch.

Sich vor diesem Hintergrund einem Lohnverzichts-Angebot der Beschäftigten zu verweigern, das bei Einhaltung hoher sozialer Standards den Erhalt eines leistungsfähigen Mehrspartentheaters in der wirtschaftlich stärksten Stadt des Landes sichern kann, ist vollkommen unverantwortlich. Bei einem Gehalt eines Chorsängers von durchschnittlich 3200,- Euro brutto und einem auf die Fläche bezogenen Verzichtsangebot von durchschnittlich ca. zehn Prozent von Lohndumping zu sprechen, hat nichts mit sachgerechter Argumentation zu tun, wenn die Alternative „Hartz IV“ ist. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass – mit der ausdrücklichen Zustimmung des Ministers – für die künstlerisch Beschäftigten in Schwerin und für das Orchester in Rostock vergleichbare Haustarifverträge geschlossen worden sind. Wir fordern eine gerechte Gleichbehandlung aller Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern!

In einem Land, das mit dem Slogan „Kulturlandschaft – Bravourlandschaft“ wirbt, kann zukunftsfähige Kulturpolitik nicht die Zerschlagung von Kultureinrichtungen bedeuten. Und wie soll ein Theater aussehen, dass in den nächsten Jahren seine Einnahmen steigern und ein attraktives Angebot schaffen soll, aber gleichzeitig durch Verlust zweier attraktiver Sparten zum Rumpftheater amputiert wird? Wie soll ein Theater an einem sich gut entwickelnden Standort wie Rostock mit mehr als 200.000 Einwohnern so seine Bürger und Gäste begeistern?
Dies stellt nicht nur kulturpolitisch eine Kapitulations-, sondern eben auch wirtschaftlich eine Armutserklärung dar. Zukunftsorientierte Politik sieht anders aus, Herr Minister!

Jörg Löwer, Präsident GDBA
Sabine Nolde, GDBA Landesverband Nord, Vorsitzende
V.i.S.d.P.: Gerrit Wedel, stellv. Geschäftsführer der VdO


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